Die Wurzeln unserer Firma Teil III – Henri Imhoff - Schmied, Postillion, Tram-Pionier

Frühling 2002
Als Folge des Deutsch-Französischen Krieges herrscht zu Beginn der 1870er-Jahre in Basel Hochkonjunktur, die dann bald abflacht. 1882 bricht dann eine eigentliche Wirtschaftskrise aus, die, wie auch heute, die Liegenschaftspreise massiv sinken lässt. Gegen Henri Imhoff, der zudem einem falliten Baumeister Bürge ist, wird am 2.2.1883 der Konkurs eröffnet. 23 Liegenschaften und unbebaute Grundstücke kommen unter den Hammer und bringen einen Erlös von Fr. 870 000.-­. Dies bedeutet nicht nur das Ende der Wagenbauwerkstatt, auch über den Tramomnibus-Betrieb wird der Konkurs verhängt.

In diesen werden der zukünftige Schwiegersohn Julius Settelen als Bürge, sein Sohn Emil Imhoff-Settelen sowie sein Schwiegersohn Joseph Higelin als Teilhaber der Tramomnibus-Gesellschaft hineingezogen. Konkursiten sind damals gesellschaftlich geächtet. Sohn Henri Imhoff, der sich einen guten Namen als Carrossier erworben hat, und Joseph Higelin wandern aus.

Sohn Eugen nimmt eine Stelle als Kaufmann an und betraut den eigenen Vater mit der Führung seiner Postpferdehalterei. Damit sichert er den Lebensunterhalt seines Vaters, der im Verlaufe der Jahre seine Schulden abträgt.

Trotz dieses betrüblichen Endes in der «Liegenschaftenfalle», die auch in neuerer Zeit manch tüchtigen Handwerksmeister zu Fall gebracht hat, sollte man die Weitsicht, das politische Gespür und die berufliche Leistung Imhoffs nicht unterschätzen. Nachdem in Genf Private bereits seit 1862 ein schienengebundenes Pferdetram erfolgreich betreiben, wird die Basler Regierung ab 1874 förmlich mit Konzessionsgesuchen für schienengebundene Trambahnen eingedeckt. Grundsätzlich befürwortet die Stadt die Einführung eines solchen Massentransportmittels.

Kleinliche Flügelkämpfe zwischen den Radikalen und den Liberalen bringen allerdings sämtliche Projekte zu Fall. Imhoff nutzt die Unentschlossenheit, kauft im Juni 1880 in Marseille bei der renommierten Karosseriewerkstatt Ripert einen Pferdetramomnibus, stellt diesen vor das Rathaus und beantragt für sein wenig aufwändiges Transportmittel eine Konzession. Im zweiten Anlauf erhält er im Dezember 1880 die gewünschte Bewilligung für die Strecke zwischen den Bahnhöfen der Schweizerischen Centralbahn und der Königlich Badischen Eisenbahn.

Bereits am 11. Juli 1881 ist es soweit: Um 7.20 Uhr morgens beginnt der regelmässige Tramverkehr durch das Stadtzentrum. Die Bevölkerung stürmt förmlich das neue Verkehrsmittel. Die Kondukteure sind im Gedränge ausserstande, allen Passagieren ein Billett zu verkaufen! Bis es soweit ist, muss Imhoff eine immense organisatorische Leistung vollbringen: Er erwirbt mindestens 40 geeignete Pferde, sucht über 30 Männer und bildet sie zu Fuhrleuten, Kondukteuren und Kontrolleuren aus.

Er lässt Billette drucken und baut ein Vertriebsnetz für deren Verkauf auf. Fahrpläne und Tarife müssen erstellt und vom Regierungsrat genehmigt werden. Gleichzeitig wird auf der unbebauten Parzelle Solothurnerstrasse 12 ein kompletter Betriebshof mit Remisen, Werkstätten, Knechtenkammern, Fouragelager, einem Pferdespital und Stallungen für 60 Pferde hochgezogen. Zusätzlich baut er in den eigenen Werkstätten an der Steinentorstrasse dreizehn Pferdetramomnibusse, wovon einer mit Heizung ausgestattet und auf Schlittenkufen umrüstbar ist.

Präzise Angaben über die Anzahl der Beschäftigten im Karosseriebetrieb von Henri Imhoff gibt es keine. Berücksichtigt man die Tatsache, dass in einem Tramomnibus mehr als ein Mannjahr Arbeit steckt, dass gleichzeitig der regelmässige Pferdebeschlag sowie Neubau und Reparaturarbeiten für Kunden und den eigenen Transportbetrieb ausgeführt werden müssen, so dürfte Imhoff an der Steinentorstrasse weit mehr als 30 Handwerker ­ Wagner, Schmiede, Schlosser, Sattler und Maler ­ beschäftigt haben.

Henri Imhoff stirbt am 14. August 1900, seine Frau Marie-Anne ist ihm am 1. Mai 1887 vorausgegangen.

Der «Schweizerische Volksfreund», die spätere «National-Zeitung», sieht im Tramomnibus ein Symbol der Moderne und einen ersten Schritt Basels auf dem Weg zur Grossstadt. In ihr ist am 12. Juli 1881 zu lesen: «Die am Montag ins Leben getretenen Stadtomnibus-Kurse sind vom Publikum fleissig benützt worden. Fast jeder Wagen war gut besetzt; mitunter war es des Guten fast zu viel; so zählten wir um die Mittagsstunde auf einem einzigen Wagen gegen 30 Personen. Die Fahrten sind sehr angenehm, da die Kasten auf ausgezeichneten Federn ruhen; die leitende Mannschaft ist trefflich instruiert und das Publikum hat die Sache rasch kapiert. Zwar hat das Abspringen vom laufenden Wagen schon einige kleine Unfälle zur Folge gehabt; bei etwelcher Vorsicht sind dieselben aber leicht zu vermeiden. Zudem bedarf es nur des Ziehens an einer durch das Coupé gehenden Leine, um den Führer zum langsamen Fahren zu bewegen, sodass keiner gezwungen ist, halsbrecherische Sprünge zu wagen. Wir glauben, dass das Institut seine Zukunft hat und über kurz oder lang einen Tramway mit Schienen rufen wird.»

Henri Imhoff - Schmied, Postillion, Tram-Pionier