Pleiten, Pech und Pannen

Herbst 2014

Dieser Beitrag rückt etwas in den Vordergrund, über das nicht allzu gerne gesprochen wird. Obwohl es zu einem Transportunternehmen gehört, fast wie die Holzspäne zum Schreiner. Die Rede ist von Unfällen und Pannen, die sich nicht immer vermeiden lassen und selbst bei «Settelen» seit der Gründung 1883 immer wieder einmal vorgekommen sind. Im Fokus stehen dabei nicht schwere, sondern in erster Linie zeittypische Vorfälle.

Im ausgehenden 19. Jahrhundert dominierten Pferde, Kutschen, Fuhrwerke, Fahrräder und vor allem Fussgänger das Strassenbild der Stadt Basel. Denn nur eine kleine Minderheit konnte sich die neuen technischen Errungenschaften wie ein Fahrrad, eine Eisenbahnfahrt oder gar eine Mietdroschke leisten. Der Verkehrsfluss ist langsam, die Folgen von Unfällen waren entsprechend meist überschaubar.

«Völlig angeschirrt unter der alten Rheinbrücke»

Das Transportunternehmen «Gebr. Settelen» war nach dem Aus des Rösslitrams (1895) mit rund 150 Pferden und 180 Fuhrwerken – in erster Linie Kutschen, Omnibussen, Möbel- und Pritschenwagen sowie Schnappkarren – in der Region unterwegs. Aufsehenerregende Zwischenfälle ereigneten sich kaum. Am 19. Februar 1897 sorgte allerdings ein nicht ganz alltäglicher Unfall für Schlagzeilen in den «Basler Nachrichten»: Am St. Alban-Rheinweg «stürzten zwei Pferde in den Rhein. Das Eine konnte sofort herausgezogen werden während das Andere davonschwamm. Der Polizeiposten an der alten Rheinbrücke sandte sofort Schiffer mit zwei Waidlingen dem Flüchtling entgegen, der völlig angeschirrt unter der alten Rheinbrücke durchschwamm und erst beim Fähresteg auf der Kleinbaslerseite auf den festen Boden gebracht werden konnte. Die zwei wertvollen Thiere gehören den HH. Gebr. Settelen.» Wie das wertvolle, flüchtende «Thier» hiess – ein Pferd kostet damals rund 1000 Franken – und wie es den «Rheinschwumm» übersteht, lässt sich heute leider nicht mehr feststellen.

«Sachschaden im Betrage von zirka Fr. 739.35»

 

In der Zwischenkriegszeit verdrängten die Benzinmotoren die Pferde immer mehr aus dem Settelen-Betrieb. Nach überstandener Weltwirtschaftskrise standen gegen Ende der 1930er-Jahre noch rund ein Dutzend Pferde im Stall. Der Fuhrpark umfasste jetzt etwa zehn Traktoren, zehn Last- und Möbelwagen sowie 30 Taxis. Mit dem Zweiten Weltkrieg folgte für das Schweizer Transportgewerbe die nächste schwere Prüfung: Pferde und Fahrzeuge werden requiriert, Ersatzteile für ausländische Autos und Traktoren waren bald nicht mehr erhältlich, Pneus und Treibstoffe wurden rationiert, die restlichen Fahrzeuge auf Karbidgeneratoren und Holzvergaser umgebaut. Immerhin sorgte die Armee auch für ein paar Aufträge. So durfte Settelen knapp drei Monate nach der Generalmobilmachung Ende November 1939 mit einem Traktor eine 3,15 m breite Panzerplatte von Pratteln nach Giebenach transportieren – ein einfacher Auftrag mit komplexen Folgen.

Hans Erny erledigte für Settelen den Auftrag und liess den Traktor im heftigen Regen auf der steilen, nassen Strasse in der militärisch gesperrten Befestigungszone stehen. Nach einer halben Stunde geriet der Traktor ins Rutschen, rollte über den Strassenrand und kam erst auf einem vom Militär ausgehobenen Schützengraben zum Stehen. «Es entstand Sachschaden im Betrage von zirka Fr. 739.35.». Wie konnte das passieren? Hans Settelen, der zufälligerweise vor Ort im Stab des verantwortlichen Oberstbrigadiers seinen Dienst leistete, gelangte unmittelbar nach dem Vorfall für einen Augenschein zum Unfallort. Für ihn war schnell klar, wer für den Unfall verantwortlich ist. Offensichtlich hatte ein Soldat unter dem Verdeck des Traktors Schutz vor dem Regen gesucht. Möglicherweise hatte er den Traktor bestiegen und dabei den Schalthebel berührt, was den Traktor ins Schlittern gebracht hatte. In diesem Punkt widersprachen sich die Zeugenaussagen. Die juristische Aufarbeitung des Falles, für die das Polizeikorps des Kantons Baselland, ein amtlicher Automobilexperte mit einem Gutachten, ein Advokaturbüro und zum Schluss die Rekurskommission der Eidgenössischen Militärverwaltung verantwortlich zeichneten, brachte keinen eindeutigen Aufschluss. Ein Fehlverhalten konnte dem Soldaten nicht lückenlos nachgewiesen werden. So musste Settelen die Kosten für den Schaden übernehmen. Auf den Eintrag über Hans Erny im Personalbuch der Firma hatte dieser Vorfall aber keinen Einfluss: «Ein ausgezeichneter Chauffeur; guter Charakter; trägt Sorge zum Traktor».

«Böses Foul im Nachspiel»

2005 waren die Pferde, Traktoren und Taxis schon lange aus der Türkheimerstrasse verschwunden. Den Wagenpark von Settelen bildeten v. a. Leasingfahrzeuge und Mietwagen sowie zehn schwere Lastwagen und vier Autocars. Das am meisten beachtete Fahrzeug war der «FCB-Bus», der seit der Saison 2004/2005 die erste Mannschaft des FC Basel zu den Auswärtsspielen fuhr. Schon in dieser Saison kam es zu einem Zwischenfall der gröberen Art. Im Anschluss an das Auswärtsspiel (2:2) vom 20. März 2005 gegen den FC Zürich im alten Stadion Letzigrund griffen Zürcher «Fans» das Fahrzeug an. Sie warfen Steine, rissen den Scheibenwischer ab, verbogen das Kennzeichen (BS 1893) und zerschlugen die Blinker. Der Sachschaden belief sich auf rund Fr. 15 000.–. Der Blick titelte:« Böses Foul im Nachspiel» – aber nicht nur am Car: FCB-Trainer Christian Gross, der den Abend in Zürich verbringen wollte, wurde mit Fusstritten traktiert und mit Bier übergossen. Der FCZ bezeichnete die Leistung des privaten Sicherheitsdienstes als mangelhaft und beschwerte sich mit einem Schreiben bei der verantwortlichen Firma. Settelen erstattete Anzeige gegen Unbekannt. Zum Glück ist das Unternehmen gegen Vandalismus versichert, weil es schon in der Vergangenheit zu kleineren Vorfällen gekommen war.

Die Geschichte fand wenigstens in einem Bereich einen versöhnlichen Abschluss. Sechs Jahre nach dem Vorfall fand der abgeschlagene Blinker über Umwege wieder den Weg zurück an die Türkheimerstrasse und lagert jetzt im Archiv der Settelen AG.