Stadtrundfahrten, Berge und Umzüge

Den luxuriösen «Bebbibus» vom FC Basel kennt die ganze Stadt. Weniger prominent sind die ersten Busse von Settelen, mit denen Reisehungrige in der Zwischenkriegszeit auf Erkundungstour gingen. Aber auch sie haben viel «erlebt». Ihnen ist dieser Rückblick gewidmet.

Der Startschuss für Settelen-Busreisen fiel am 15. Juni 1922 mit der Inbetriebnahme eines schnittigen 18-plätzigen Fiat Touringcars. Kundinnen und Kunden schätzten dieses Fahrzeug - genutzt wurde es allerdings fast nur für kürzere Ausflüge. Die damals prekären Strassenverhältnisse und die bescheidene Motorenleistung des Turiner Prunkstücks machten grössere Reisen nahezu unmöglich. Deshalb diente das Fahrzeug bis 1930 meistens für Stadtrundfahrten und Spritzfahrten zur Farnsburg oder nach Waldenburg. Zu erwähnen sind auch die Zubringerdienste zu den Flugtagen 1925 auf dem Sternenfeld in Birsfelden, damals einer der wichtigen europäischen Linienverkehrsflugplätze. Die längste belegte Tour buchte im Sommer 1924 der «Rauchclub Spalen»: Er reiste mit dem Fiat von Basel über Glarus und Altdorf wieder nach Basel, eine Strecke von gegen 400 Kilometern. Der für damalige Verhältnisse ausserordentliche Ausflug kostete happige Fr. 645.‒.

Nur mit Pneuwechsel über Alpenpässe

Richtige Alpenfahrten waren erst mit dem 1924 von Settelen erworbenen 11-plätzigen Studebaker «Big Six» möglich. Dieses grösste und luxuriöseste Modell der Firma war für seine Zuverlässigkeit bekannt:

Auf der New York Auto Show von 1924 zeigte Studebaker einen «Big Six» von 1918, der nachweislich 500'000 Meilen (rund 800'000 km) zurückgelegt hatte! Das Modell von Settelen schaffte in zwölf Betriebsjahren dann immerhin gegen 200'000 Kilometer.
Sein starker Sechszylindermotor und vor allem seine mächtigen Ballonreifen ermöglichten auch bei schlechten Strassenverhältnissen ein komfortables Reisen. Die Reifen hatten allerdings einen Nachteil: Sie erlaubten nur einen geringen Lenkeinschlag. Wenn die Settelen-Chauffeure etwa die Bergstrecke Furka-Grimsel befuhren, mussten sie in Amsteg einen Halt einlegen und die Vorderräder gegen schmälere und kleinere auswechseln. Nur so waren die Haarnadelkurven dieser beliebten Alpenpässe zu bewältigen.

Kostenloser Skitransport

Freude herrschte bei den Schweizer Busunternehmern, als Saurer 1928 die Chassis- und Motorengeneration B auf die Räder stellte. Der 8,5-Liter-Motor des Typs 3BLP leistete bärenstarke 100 PS. Obwohl der 25-Plätzer stolze 53'000.- Franken kostete, kaufte Settelen gleich zwei dieser Car Alpins. Im August 1929 kam es dann zur Premiere: Erstmals erkletterte ein Settelen-Bus die Pässe Furka und Grimsel - ohne Pneuwechsel.
Aber die beiden Kraftprotze aus Arbon brachten Settelen kein Glück. Denn die 1928 ausgebrochene Weltwirtschaftskrise und ihre reglementarischen Folgen (Motorfahrzeuggesetz von 1932) trafen das Reisebus-Geschäft besonders hart. Die ausländischen Touristen blieben aus. Das teure Wagenmaterial stand häufig unbenutzt herum. Es brauchte ein neues Geschäftsfeld, um wenigstens ein bisschen Remedur zu schaffen: den regionalen Wintertourismus. Denn in der Zwischenkriegszeit entwickelte sich der Skisport im Schwarzwald und im Jura zu einem Zeitvertreib der gehobenen Gesellschaft.

Am 22. Dezember 1929 beförderte Settelen-Chauffeur Karl Galler Skifahrerinnen und Skifahrer vom Basler Marktplatz (!) in den Schwarzwald nach Todtnau. Das Geschäft boomte nicht gerade. Aber in den 1930er Jahren fuhren Settelen-Busse bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges pro Wintersportsaison immerhin knapp ein Dutzend Mal auf den Feldberg. Andere Wintersport-Destinationen (v. a. Langenbruck) wurden in dieser Zeit etwas seltener bedient. Konkurrenten gab es vor allem bei den Schwarzwaldfahrten. Diese bewarben ihr Angebot mit etwas, das heute selbstverständlich ist: «Bemerkt sei noch, dass die Mitnahme der Skis gratis erfolgt.»

Vorerst kein Happy End

Der zaghaft aufkommende regionale Wintersporttourismus und verschiedene Hochzeitsfahrten oder Geschäftsausflüge konnten die fehlenden auswärtigen Feriengäste aber nicht kompensieren.

Die Saurer-Busse brauchten eine neue Aufgabe. Die Lösung fand sich im Möbeltransport. Da ein Bus-Chassis mit beladenem Leichtbaumöbelkoffer etwa gleichviel wog wie eine besetzte Buskarosserie, rüstete Settelen seine Saurer-Autobusse ab 1935 zusätzlich mit Möbelkarosserien aus. Bis 1938 transportierten sie dann vorwiegend Umzugsgut statt Passagiere. Dann zog die Konjunktur endlich etwas an und Busfahrten waren wieder vermehrt gefragt. Ein Happy End blieb jedoch aus: 1939 brach der Zweite Weltkrieg aus und ein Jahr später wurden Busfahrten verboten.

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