Settelen Droschken und später die braunen Settelen Taxi prägten über fünfzig Jahre das Basler Strassenbild. Eine kleine Serie von historischen Beiträgen im «Persönlich» zeigt erstmals die Entwicklung des Droschken- und Taxigewerbes unserer Stadt im Zeitraffer auf.
Die Droschke war das erste, einigermassen leistungsfähige, innerstädtische, öffentliche Verkehrsmittel der Neuzeit. Sie konnte sich allerdings erst ab dem Beginn des 19. Jh. in Europas Städten dauerhaft durchsetzen. Ihr Vorgänger war die Sänfte, die bereits im 17. Jh. in den Metropolen angeboten wurde. Die engen mittelalterlichen Quartierstrassen waren für den Wagenverkehr äusserst knapp angelegt, miserabel unterhalten und zudem häufig mit privaten Gütern verstellt, was ein Durchkommen mit einem Pferdegespann oft verunmöglichte. Erst autoritäre Regenten wie Napoleon brachten es fertig, die städtischen Verkehrswege zu verbreitern und frei zu halten.
Sie ist ein von einem Kutscher gelenkter, leichter, bequemer Einspänner für zwei bis fünf Passagiere und etwas Gepäck. Der Name Droschke bezeichnet aber keinen besonderen Fahrzeugtyp, sondern die Funktion als Fahrzeug des öffentlichen Verkehrs. Sie ist ein Mietfahrzeug, das berechtigt ist, seine Dienste auf öffentlichem Grund anzubieten. Allerdings hat sie auch eine Transportpflicht. Sie muss zwingend jedermann auf Verlangen transportieren - es sei denn, er oder sie sei betrunken, arg verschmutzt oder von ansteckender Krankheit befallen! Billig war dieses Transportmittel nie. Es blieb reisenden Kaufleuten oder gut betuchten Bürgern vorbehalten.
Das Wort «drožki» (droschki) war die Bezeichnung für einen leichten, bequemen Wagen oder Schlitten, wie sie an russischen Höfen in St. Petersburg, Moskau oder auch in Warschau für den Transport der Hofschranzen eingesetzt wurden. Mit königlicher Erlaubnis stellte 1825 der Berliner Lohnkutscher Simon Kremser beim Brandenburger Tor «Warschauer Droschken» auf. Etwa gleichzeitig importierte der Londoner Fuhrhalter David Davis Pariser «demicabriolets». Auch dieser Fahrzeugtyp kam offensichtlich gut an und ist noch heute im englischen Sprachraum in der Bezeichnung «taxicab» zu finden. Ein erster Pariser Droschkenbetrieb hatte sein Domizil im 17. Jh. an der rue de St. Fiacre, womit sogar ein irischer Heiliger zum Namensgeber der Pariser Droschke avancierte. St. Fiacre dürfte auch Namensgeber für die Berliner «Fiakerzunft» (gegr. 1739) gewesen sein, die vergeblich versuchte ein Droschkengeschäft aufzubauen. Mit Fiaker bezeichnete man in Berlin ursprünglich ein zweispänniges Fuhrwerk mit vierplätzigem, geschlossenem Wagenkasten, der in Lederriemen aufgehängt war.
Wie anderswo gab es in Basel so genannte Lohnkutscher, Klein- und Kleinstunternehmer, die ihre Hinterhof-Stallungen am Rande der Innenstadt und in den Vorstädten hatten. Brauchte jemand eine Kutsche, so war es von Vorteil, wenn er diese bereits am Vortag bestellte. Zum einen musste der Fuhrhalter verfügbar sein, zum andern benötigte dieser für das Schirren und das Einspannen des Pferdes gegen eine Stunde. Pünktlichkeit, Höflichkeit und gepflegtes Material waren nur all zu oft nicht gewährleistet - kurz, ein Zustand, der der aufstrebenden Stadt nicht angemessen war. Ein um das Wohl der Stadt besorgter Leser schrieb am 24. Januar 1852 im «Intelligenzblatt der Stadt Basel»: «Fast in allen Städten findet sich nun ein Stadtdroschkendienst eingeführt und die Unternehmen finden dabei meist Ihre gute Rechnung, das beweist ihr Fortbestehen und die öftere Konkurrenz.» Er fährt fort: «Billig wundern darf man sich, dass hier in Basel noch keine solche Fahranstalt eingerichtet ist, während solche in Städten von kaum der Hälfte Einwohnerzahl und fast keinem Geschäftsverkehr längst eingeführt sind.» Anschliessend schildert er umfassend, für welche Fahrten so ein Dienst willkommen wäre und meint: Das Droschkengeschäft würde «ebenfalls ein Hübsches (für das Unternehmen) abwerfen» und schliesst: «Es ist nicht gesagt, dass man die Einrichtung gleich im Grossen anzufangen hätte, man könnte z. B. zuerst einen Versuch mit 6 Droschken machen, wovon zwei auf der Rheinbrücke, zwei auf dem Markt, und zwei am ehemaligen Aeschenschwibbogen aufgestellt würden».
Grund für das wachsende Bedürfnis nach einem geregelten Droschkenwesen war der sprunghafte Anstieg der Bevölkerung. Vom Basler Konzil (1431 - 1449) bis zum Beginn der Industrialisierung nahm die Stadt von knapp 13'000 auf lediglich 20'000 Menschen zu, um dann bis 1900 auf 100'000 anzuwachsen. Die stark expandierende Industrie begann ihre Fabriken ausserhalb der Stadtmauern auf die grüne Wiese zu stellen. Um der Enge der schier unerträglichen Überbevölkerung der Innenstadt entfliehen zu können, baute sich die Oberschicht schicke Villen vor der Stadt, z. B. am Aeschengraben, in der St. Alban-Anlage oder im Gellert. Der Mittelstand und die Arbeiterschaft folgten diesem Trend. Das Bürgertum siedelte sich südlich des Steinenrings und im neu erschlossenen Gundeldingerquartier an. 1851 bis 1856 entstanden in der Breite die ersten Arbeiterhäuser. Arbeiter- und Kleinbürgersiedlungen wurden ab 1871 im Bachlettenquartier hochgezogen. Damit wuchs natürlich die Distanz, die Mann und Frau für die einfachsten Besorgungen zurücklegen mussten. Erst mit der Einführung der elektrischen Strassenbahn (1895) reduzierten sich die Wegzeiten auf ein erträgliches und erschwingliches Mass.
Neben der Industrialisierung war die Eisenbahn ein entscheidender Faktor für die Stadtentwicklung - und schuf ein neues Problem: Die drei Bahnhöfe am Stadtrand mussten unter sich und mit dem Zentrum verbunden werden. Gelangte man vom Bahnhof der Elsässerbahn im Schällemätteli (1845 - 1860) noch in wenigen Minuten zu Fuss ins Stadtzentrum, so galt dies nicht mehr für die auf das Jahr 1855 geplanten Einführungen der Badischen Bahn (erster Bahnhof 1855 - 1913; heute Messe Basel) und der Schweizerischen Centralbahn (provisorischer Bahnhof von 1855 - 1860 an der Engelgasse). Es bedurfte privater Initiative, um das anstehende Transportproblem zu lösen.
Am 31.Oktober 1853 gründeten 102 Aktionäre die «Baslerische Droschkenanstalt». Das Aktionärsverzeichnis liest sich wie ein «who is who» der Stadt: Kaufleute, Industrielle und Bankiers, z. B. der Mitbegründer und Präsident der Schweizerischen Centralbahn, Johann Jakob Speiser-Hauser oder der Bahndirektor Wilhelm Heusler. Das Aktienkapital betrug Fr. 140'000.-. Der Zweck der Firma bestand darin, der Stadt einen tadellosen Droschkendienst anzubieten. Um den Benützern einen raschen Zugriff auf das Verkehrsmittel zu gewährleisten, wurde dort, wo mit einem regelmässigen Kundenaufkommen gerechnet werden konnte, ein relativ dichtes Standplatznetz geplant. Bereits am 1. Mai 1854 nahm die Basler Droschkenanstalt von der Elsässerstrasse 4 aus mit rund zwölf Droschken, die sie an acht Standplätzen aufstellen konnte, ihren Betrieb auf.
Allerdings musste vorgängig der Regierungsrat der Stadt eine neue Verordnung erlassen und die Polizeidirektion die entsprechenden Reglemente erarbeiten, was damals offensichtlich quasi über Nacht – und keinen Moment zu früh – zu schaffen war!
Die Stadtentwicklung ist nur beschränkt an dem sich wenig ändernden Standplatznetz abzulesen. Denn die Lage der Droschkenstandplätze orientierte sich vor allem an der Kaufkraft der Anrainer. Sie lagen zwischen dem Barfüsserplatz und dem Rhein, d. h. in der Talsohle zwischen Münsterhügel und dem Westplateau sowie bei den drei Bahnhöfen. Je ein weiterer Platz lag beim Kornhaus (Ecke Petersgraben/Spalenvorstadt), am St. Albangraben und beim St. Albantor. Die letzten beiden bedienten die Handelskontore auf dem Münsterhügel und das «Upperclasspublikum» in der St. Albanvorstadt. Kaum berücksichtigt wurde das Kleinbasel, wo es bis zum Bau der Mustermesse (1913) neben dem Standplatz vor dem Badischen Bahnhof lediglich denjenigen auf dem Claraplatz gab. Später kamen Plätze am Weiherweg, Spalentor, Tellplatz, Aeschenplatz, Schweizerplatz (heute: Sevogelplatz) und auf der Heuwaage dazu. Dass sie sich jedoch nie über den äusseren Ring ausdehnten, lag an der Einführung des Telefons. Die Standplätze waren allerdings nicht nur ein Born der Freude. Da sie vorerst nicht mit Teer versiegelt waren und dadurch nicht sauber geschwemmt werden konnten, verbreiteten sie bei sommerlichen Temperaturen einen penetranten Gestank nach Pferdeurin.
Basel erteilte 1854 erstmals 20 Droschkenkonzessionen, was einer Dichte von 0,64 Droschken auf 1'000 Einwohner entsprach. Droschkenzahl und -dichte stiegen kontinuierlich. 1874 wurde mit 106 Droschken die maximale Dichte von 2,12 erreicht. Ursache war der Deutsch-Französische Krieg, der in Basel eine kurzlebige Konjunkturblase ausgelöst hatte. Danach blieb die Droschkenzahl bis zur Einführung des Pferdetrams (1881) relativ stabil. Den erwarteten Rückgang bremste das stetige Bevölkerungswachstum. Deutlicher bekamen die Droschkiers die Einführung der elektrischen Strassenbahn (1895) zu spüren. Der Droschkenbestand reduzierte sich um gut 10%, die Dichte lag 1910 wieder bei 0,66. Erst das Taxi sollte ab Beginn der 1920er Jahre das langsame aber sichere Absterben des Basler Droschkengewerbes einleiten. Erst 1937 ging Basels letzter Droschkier in Pension.