60 Jahre erfolgreicher Autohandel

Zwei Mal (1920 und 1949) will Settelen sich als Autohändler im Raum Basel etablieren – und scheitert eher kläglich. Erst der dritte Anlauf ist dauerhaft. Seit der Gründung der Settelen Autohandels AG am 9. Februar 1959 handelt Settelen ohne Unterbruch mit Autos verschiedenster Marken. Ein Blick zurück auf eine Erfolgsgeschichte mit harzigem Start.

Mit der Einführung der «Motordroschken», wie die ersten Taxis der Stadt Basel zeittypisch bezeichnet werden, hält das Auto im Jahre 1909 Einzug an der Türkheimerstrasse. Autos sind noch etwas Exklusives – in der Stadt sind erst rund 150 angemeldet. Den Beruf des Automechanikers gibt es noch nicht. Bei Settelen sind die unterschiedlichsten Berufe ums Pferd versammelt. Aber wer kümmert sich um die Autos? Auserkoren wird der Baselbieter Schmied Emil Stöcklin. Er wird der erste «Autopfleger» von Settelen.

Ein Car für den Vorführwagen

 

Nach dem Ersten Weltkrieg führt die einsetzende Motorisierung bei Settelen zu einer kontinuierlichen Reduktion des Pferdebestandes. 1920 wird deshalb das 1907 errichtete «Pferdespital» zu einer Autoreparaturwerkstatt umgebaut. Mit dem unterdessen im Umgang mit Autos routinierten Personal und der neuen Werkstatt hat der Betrieb gute Rahmenbedingungen, um eine Autovertretung zu übernehmen. Von der AG für Automobile in Zürich erhält Settelen am 27. September 1920 die Regionalvertretung für die heute weitgehend in Vergessenheit geratenen amerikanischen Chandler Automobile, deren Werk in Cleveland von 1913 bis 1929 rund 130 000 Mittelklassewagen produziert.

Im Herbst 1920 kommt ein eleganter 7-plätziger Chandler Touring Car mit sechs Zylindern und elektrischem Anlasser an die Türkheimerstrasse. Viele bewundern zwar das edle Fahrzeug. Aber es entspricht nicht dem Geschmack des Basler Publikums. Der Vorführwagen findet während zwei Jahren keinen Abnehmer. 1922 wird er deshalb als Anzahlung für den ersten Autocar – einen Fiat – wieder abgegeben. Und Settelen begräbt die Idee einer Autovertretung bis nach dem Zweiten Weltkrieg.

Sechs Jahre als Taxi unterwegs

1949 versucht sich Settelen ein zweites Mal im Autohandel und übernimmt am 1. Juli die Regionalvertretung der für ihre Taxis berühmten amerikanischen Marke Checker. Während der damals herrschenden Aufbruchsstimmung besteht eine grosse Nachfrage nach 7-plätzigen Grosstaxis. Settelen hofft nicht nur auf den Verkauf der robusten Fahrzeuge, sondern auch auf einen günstigeren Einkauf für die eigene Taxiflotte. Im Oktober liefert der Generalimporteur, die Automo AG in Bern, das erste Fahrzeug, einen als Taxi gebauten Checker A-3. Jetzt passt das Angebot. Schon bald werden die ersten Checker bestellt. Aber dieses Mal hat der Importeur Lieferprobleme. Die Autonomo AG importiert nur 13 Wagen in die Schweiz, dann stellt sie ihre Einfuhrtätigkeit ein. In einem Schreiben an den Importeur stellt Hans Settelen, der damalige Direktor, Ende 1950 resigniert fest, «dass wir nicht einmal unseren eigenen Bedarf an Taxis […] mit CHECKER CABS befriedigen können». Wiederum bleibt es also beim Vorführwagen. Der erste Checker von Settelen leistet immerhin bis 1955 seine Dienste als Taxi Nr. 26.

Die Settelen Autohandels AG

In der zweiten Hälfte der 1950er Jahre boomt der Taxibetrieb, der damals eine wichtige Sparte von Settelen ist. Dem Verwaltungsrat der 1946 konstituierten Settelen AG ist klar, dass der Raum für die stetig wachsende Taxiflotte an der Türkheimerstrasse bald zu eng wird und ausgegliedert werden muss. Da der Autohandel sehr gut in das vorhandene Betriebskonzept passt, wird am 9. Februar 1959, als Tochtergesellschaft der Settelen AG, die Settelen Autohandels AG (SAHAG) gegründet. Der Platz für eine Neuwagenausstellung an der Türkheimerstrasse ist noch nicht verfügbar. Deshalb mietet die SAHAG an der Schützenmattstrasse ein 250 m2 grosses Ausstellungslokal – das «Provisorium» dauert dann allerdings 18 Jahre. Erst 1977 kommt der Autohandel an die Türkheimerstrasse.

Weil damals in Basel die «grossen» Marken alle schon bestens etabliert sind, startet die SAHAG im März als Regionalvertreter mit dem Handel der deutschen Marken Hansa und Borgward. Die lokale Presse berichtet ausführlich über den «neuen Akzent im Stadtbild». Speziell angetan ist sie von einem zweiplätzigen Hansa 1912, der eigens zur Eröffnung in einem Möbelwagen nach Basel gebracht worden ist.

Borgward und DAF

Der dritte Anlauf im Autohandel ist wesentlich erfolgreicher als die ersten beiden. Bis Ende 1959 finden 19 Borgward und ein Hansa einen Käufer. Aber auch jetzt lassen die Probleme nicht lange auf sich warten. Im Winter 1959 verdichten sich die Gerüchte über Liquiditätsprobleme bei Borgward, Ende 1960 ist die Firma zahlungsunfähig. Aber die SAHAG reagiert sehr schnell. Bereits im November 1959 sichert sich die Firma die Regionalvertretung der niederländischen Marke DAF, die als einzige Europas Autos mit einem automatischen Getriebe produziert. Mit seiner hohen Sitzposition und der einfachen Bedienung erfüllen die Kleinwagen von DAF genau die Bedürfnisse eines eher älteren Publikums, das sich sein erstes Auto leisten will. Schon bald kommt der Spruch «Dubeli AFahre» auf.

Checker und Triumph

Bis 1975, als DAF seine Personenwagensparte an Volvo veräussert, haben die niederländischen Kleinwagen eine nicht sehr grosse, aber treue Käuferschaft. Um eine breitere Modellpalette anbieten zu können, nimmt die SAHAG schon 1961 die Marken Checker (zum zweiten Mal nach 1949) und Triumph (später British Leyland) ins Sortiment auf.

Die Checker bleiben in der Schweiz allerdings immer ein Nischenprodukt. Im besten Jahr (1963) finden 12 Checker einen Käufer. Ab und zu werden sie als Grosstaxi geordert, vereinzelt als Kranken- oder Polizeiwagen. Nach der Erdölkrise (1973) verteuert sich das Benzin massiv, wodurch die durstigen Checker kaum mehr gefragt sind. 1979 importiert die SAHAG den letzten Checker.

Beim britischen Triumph verkaufen sich vor allem zwei Modelle gut: Der «Spitfire», ein kleiner, zweiplätziger Sportwagen mit 1200cm3 Motor und der «Herald», ein eher unauffälliger Mittelklassewagen. Sie treffen den Zeitgeschmack einer jüngeren Generation. Im besten Jahr (1968) verkauft die SAHAG fast 200 Triumph-Modelle! Aber auch mit Triumph wird die SAHAG nicht wirklich glücklich. In den 1970er-Jahren kann das Werk weder gefragte Modelle noch Ersatzteile liefern. Ausserdem führen Qualitätsmängel zu zahlreichen Kundenreklamationen. Die Triumph-Modelle werden zu Ladenhütern. Zwischen 1973 und 1986 finden weniger Triumph-Autos einen Interessenten als im Topjahr 1968! 1986 wird deshalb die Zusammenarbeit mit British Leyland beendet.

KINOWERBEDIA DER SAHAG FÜR DEN TR4 VON TRIUMPH (1964).

Zu Beginn der 1970er Jahre ist der SAHAG klar: Mit Nischenprodukten und dem «englischen Patienten» gibt es keine dauerhafte Zukunft im Autohandel. Es braucht eine aufstrebende Marke. Die Wahl fällt auf die «Reisschüsseln» von Toyota, die Emil Frey in die Schweiz importiert. Das Händlernetz ist noch lose, die Aussichten gut. Settelen unterschreibt den ab 1971 laufenden Vertrag mit der Toyota AG am 22. Dezember 1970.

Die Anfangszeiten sind stürmisch. Die Toyota AG liefert ihre Autos den Vertretern so ab, wie sie vom Bahnwagen kommen. «Diese Fahrzeuge, die zu 70% Transportschäden» aufweisen, werden «durch die Settelen AG bereitgestellt.» Es braucht «den ganzen Einsatz des Garagenbetriebes der Settelen AG» um «Verzögerungen in der Ablieferung auch nur einigermassen im Rahmen zu halten», schreibt Peter Settelen im Jahresbericht 1971. Denn die gängigen Toyota-Modelle waren von Anfang an unheimlich gefragt. Schon im ersten Jahr verkauft Settelen 222 Toyotas.

Unterdessen handelt Settelen seit 47 Jahren mit Autos von Toyota! Die Probleme aus der Anfangszeit sind längst «tempi passati». Toyota erweist sich als die Marke, die dem Autohandel der SAHAG einen dauerhaften Erfolg bringt. Aus einer Zweckgemeinschaft hat sich schon längst eine Musterehe entwickelt, die Höhen (z. B 1997 mit dem Prius, dem ersten Grossserienauto mit Hybridantrieb) und Tiefen (z. B. mit den klemmenden Gaspedalen vor rund zehn Jahren) erlebt hat. Dass die SAHAG mit dem Corolla das meistverkaufte Auto der Welt im Angebot hat, sei nur nebenbei erwähnt.

Die Marken Isuzu (seit 2015) und Ford (seit 2016) ergänzen seit ein paar Jahren die ohnehin sehr grosse Modellpalette.