Saurer und Settelen

Vor 100 Jahren bestellte die Basler Droschkenanstalt Settelen bei Adolph Saurer in Arbon ihren ersten Lastwagen. Bis 1983 kamen 22 weitere Fahrzeuge des bedeutendsten Schweizer Herstellers von Lastwagen, Autobussen und Militärfahrzeugen hinzu. Settelen und Saurer – beides Familienunternehmen – das passte. Und wo steht Saurer heute?

Der Schmied und Bauschlosser Franz Saurer gründete 1853 in St. Georgen bei St. Gallen die Firma Saurer als Giesserei und verlegte sie zehn Jahre später nach Arbon. Sein Betrieb gedieh und entwickelte sich rasch zu einer Maschinenfabrik. Nach seinem Tod (1882) ging das Unternehmen in den Besitz seiner Söhne Adolph und Emil Saurer über, die es bis zum Ausscheiden von Emil 1896 gemeinsam leiteten. Dann übernahm Adolph allein das Geschäft und machte es zu einer «Weltfirma», die bei seinem Ableben 1920 allein in Arbon mit seinen damals rund 10 000 Einwohnern/-innen stolze 3000 Personen beschäftigte. Sein einziger Sohn Hippolyt – ein Pionier des Schweizer Dieselmotors – erbte die Firma und wandelte sie in die Aktiengesellschaft Adolph Saurer um.

Textilmaschinen und Petrolmotoren

Den europaweiten Aufstieg verdankte die Firma Saurer ihrer Vorreiterrolle in der Herstellung von Textilmaschinen. Schon Ende der 1860er Jahre produzierte sie die ersten Randstickmaschinen. Zur Abfederung der immer wiederkehrenden Krisen in der Stickerei-Industrie suchte Adolph Saurer für sein Unternehmen früh ein zweites Standbein. Deshalb begann seine Firma 1888 als erste der Schweiz mit dem Bau von stationären Petrolmotoren und Mitte der 1890er Jahre mit ersten Versuchen mit Benzinmotoren. Schon 1896 lieferte Saurer die ersten kleinen Benzinmotoren für die Automobilfabrik Koch in Paris. Deren mit diesen Saurer-Motoren ausgerüsteten Fahrzeuge errangen an der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900 die silberne Medaille.

Im gleichen Jahr kamen die ersten Lastwagen von Gottlieb Daimler aus Stuttgart in die Schweiz. Vier Jahre später liess Adolph Saurer eine der ersten wirksamen Motorbremsen patentieren und stellte seinen ersten LKW her. Dieser war mit einem 4-Zylinder-Benzinmotor mit 27 PS sowie mit Kettenantrieb ausgerüstet und konnte fünf Tonnen Nutzlast transportieren. Bis zum Ersten Weltkrieg wurden die Saurer-Fahrzeuge im In- und Ausland zunehmend bekannt als robuste und zuverlässige Produkte. Ein Grund dafür waren die häufig erfolgreichen Teilnahmen von Saurer an den damals sehr beliebten Wettbewerbs- und Vergleichsfahrten. So durchquerte 1911 ein beladener Saurer-Kettenwagen als erstes Fahrzeug den nordamerikanischen Kontinent. Das Arboner Unternehmen konnte in dieser Zeit zudem zahlreiche Goldmedaillen und Ehrungen für sich gewinnen. Sein guter Ruf und die Weiterentwicklung des Lastwagens (z. B. Kardanantrieb) im Ersten Weltkrieg führten dazu, dass Settelen bei Saurer seinen ersten Lastwagen bestellte, der nach einer damals üblichen längeren Lieferfrist im Spätsommer 1919 in Betrieb genommen werden konnte. Der Saurer-Kipper kostete Fr. 36 000.‒, inklusive Führersitz in Torpedoform und einer Schlusslaterne; Kilometerzähler und Geschwindigkeitsmesser kosteten Fr. 450.‒ extra. Er hatte eine Vollgummibereifung und leistete satte 40 PS. Settelen war mit dem LKW sehr zufrieden und bestellte in den 1920er Jahren weitere Nutzfahrzeuge in Arbon.

Saurer prägt das Strassenbild

Saurer blieb im Nutzfahrzeugbau ein sehr innovatives Unternehmen und stellte bereits 1905 seinen ersten Autobus für die Strecke Rorschach–Tal–Rheineck her. Seine Bussparte boomte. Nach dem Ersten Weltkrieg lieferte das Unternehmen Busse für die PTT und die städtischen Verkehrsbetriebe in Basel, Zürich, Genf, Lausanne und Luzern. Als Saurer 1928 die Chassis- und Motorengeneration B lancierte, wurden seine Autobusse auch für die Schweizer Carunternehmer interessant. Das Tiefrahmenchassis mit langen Komfortfedern und kleinem Wendekreis sowie die robuste Machart im Baukastensystem boten ihnen neue Möglichkeiten. Settelen kaufte gleich zwei dieser Autobusse, die während der Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren vor allem als Möbelwagen eingesetzt wurden. Bis 1949 erwarb Settelen drei weitere Saurer-Busse.

Seit den 1930er-Jahren war Saurer der bedeutendste Hersteller von mittleren und schweren Nutzfahrzeugen in der Schweiz. Sie prägten etwa ein halbes Jahrhundert das Strassenbild der Eidgenossenschaft. Auch für die 1971 gegründete Basler Muldenzentrale, deren erster Präsident Werner Settelen war, kamen zahlreiche Saurer-Wechselladekipper für viele Jahre zum Einsatz. Das letzte Saurer-Fahrzeug verschwand erst im Jahr 2000, zwei Jahre nach dem Ende der Muldenzentrale, aus dem Inventar von Settelen.

Saurer prägt das Strassenbild

Saurer blieb im Nutzfahrzeugbau ein sehr innovatives Unternehmen und stellte bereits 1905 seinen ersten Autobus für die Strecke Rorschach–Tal–Rheineck her. Seine Bussparte boomte. Nach dem Ersten Weltkrieg lieferte das Unternehmen Busse für die PTT und die städtischen Verkehrsbetriebe in Basel, Zürich, Genf, Lausanne und Luzern. Als Saurer 1928 die Chassis- und Motorengeneration B lancierte, wurden seine Autobusse auch für die Schweizer Carunternehmer interessant. Das Tiefrahmenchassis mit langen Komfortfedern und kleinem Wendekreis sowie die robuste Machart im Baukastensystem boten ihnen neue Möglichkeiten. Settelen kaufte gleich zwei dieser Autobusse, die während der Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren vor allem als Möbelwagen eingesetzt wurden. Bis 1949 erwarb Settelen drei weitere Saurer-Busse.

Seit den 1930er-Jahren war Saurer der bedeutendste Hersteller von mittleren und schweren Nutzfahrzeugen in der Schweiz. Sie prägten etwa ein halbes Jahrhundert das Strassenbild der Eidgenossenschaft. Auch für die 1971 gegründete Basler Muldenzentrale, deren erster Präsident Werner Settelen war, kamen zahlreiche Saurer-Wechselladekipper für viele Jahre zum Einsatz. Das letzte Saurer-Fahrzeug verschwand erst im Jahr 2000, zwei Jahre nach dem Ende der Muldenzentrale, aus dem Inventar von Settelen.

Heute in chinesischer Hand

Heute produziert Saurer keine Autos mehr. 1987 lieferte das Arboner Unternehmen sein letztes Fahrzeug an die Schweizer Armee. Voraussichtlich Ende dieses Jahres sollen die letzten Saurer-Militärlastwagen der Schweizer Armee ausser Dienst gestellt werden. Seit den 1990er Jahren fokussierte sich die Firma auf den Bau von Textilmaschinen. Ende 2012 gingen die Geschäftseinheiten Naturfasern und Textilkomponenten in den Besitz der chinesischen Jinsheng-Gruppe über.

Und der erste Saurer-Lastwagen von Settelen? Er wurde seinem langlebigen Ruf durchaus gerecht: Nach diversen Umbauten ‒ z. B. während des Zweiten Weltkrieges auf Imbert-Holzgas ‒ beendete er nach 1,2 Millionen gefahrenen Kilometern 1964 seine Dienstzeit bei Settelen. Er war zwar noch «uneingeschränkt verkehrstauglich», konnte aber «von der jungen Chauffeurgeneration nicht mehr gemeistert werden». Statt den Lastwagenveteranen auf den Schrottplatz zu schicken, schenkte die damalige Geschäftsleitung das «Droschkenross» der Pro Juventute, die es auf dem 1957 entstanden Robinsonspielplatz Volta ‒ dem ersten der Schweiz ‒ in Basel aufstellte.